Warum die Einbecker Hospitalstiftungen erhalten bleiben

Die Einbecker Hospitalstiftungen werden nicht aufgehoben. Der formale Beschluss dazu ist zwar noch nicht gefasst, das dürfte aber beim nächsten Treffen des Finanzausschusses nächste Woche passieren und vom Stadtrat im März bestätigt werden. Bereits seit einiger Zeit ist in der öffentlichen Debatte immer deutlicher geworden, dass es für eine Aufhebung der in ihren Ursprüngen noch aus dem Mittelalter stammenden Stiftung keine Freunde und im Rat keine Mehrheit geben wird. Vor der Finanzausschuss-Sitzung haben sich heute Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek und ihr Stellvertreter Dr. Florian Schröder in einem online geführten Pressegespräch zu dem Thema geäußert.

Für die Bürgermeisterin ist es Zeit, die Diskussion der vergangenen Monate zu beenden. „Das ist ein emotionales Thema geworden, bei dem von vielen die von uns angeführten sachlichen Gründe nicht verstanden werden – oder verstanden werden wollen“, sagte Dr. Sabine Michalek. Das habe sie auch in zahlreichen Gesprächen vor der Bürgermeisterwahl gespürt. Sachlichen Argumenten seien viele beim Thema Hospitalstiftungen gar nicht mehr zugänglich. Bürgermeisterin-Stellvertreter Dr. Florian Schröder räumt ein: „Ich habe unterschätzt, dass das so ein Politikum wird.“

Dabei spricht aus Sicht der Verwaltung unverändert viel für eine Aufhebung der Einbecker Hospitalstiftungen (EHS), wie sie in ihrer Beratungsvorlage noch einmal ausführlich darlegt. Die beschworene Gefahr der Aufzehrung und Zweckentfremdung des Stiftungsvermögens bestehe nicht. Die Stiftungssatzung schreibt auch nach Aufhebung der EHS eine Nutzung vor, die an den Stiftungszweck gebunden ist. Im Gegenteil würde eine Aufhebung der EHS und Einbringung des Vermögens in den städtischen Haushalt die Investitionsmöglichkeiten für Immobilien der Hospitalstiftungen erheblich verbessern, da die Stadt höhere und zinsgünstigere Kredite aufnehmen könne als die EHS, erläuterte Dr. Schröder. Ins öffentliche Bewusstsein sind die Einbecker Hospitalstiftungen (Bilanzsumme 2018 rund fünf Millionen Euro, jährliche Miet- und Pachteneinnahmen von rund 400.000 Euro) bei der Sanierung des ehemaligen Waisenhauses in der Baustraße geraten. Viele Bürger wüssten gar nicht, was sich hinter den EHS verberge, gaben Michalek und Schröder zu. Vielleicht könne man das in Zukunft transparenter erläutern.

2019 hatte beim Landkreis Northeim die Kommunalaufsicht in ihrer Funktion als Stiftungsaufsicht der Stadt Einbeck vorgeschlagen, die Einbecker Hospitalstiftungen wie die landkreiseigenen Stiftungen zu verwalten (mit mehrköpfigem Stiftungsvorstand oder externen Beauftragten) oder die EHS in eine andere Stiftung einzubringen, die derartig verwaltet wird. Die Stadt findet das „teilweise rechtlich unzulässig, teilweise unwirtschaftlich und teilweise unpraktikabel“. Die EHS verwalte vor allem Wohnraum, habe nicht – wie die genannten Landkreis-Stiftungen – jedes Jahr beispielsweise eine sechsstellige Summe frei zu vergeben, machte Dr. Schröder deutlich.  

Als Alternative zu den Vorschlägen der Stiftungsaufsicht hatte die Stadtverwaltung Ende 2019 im Finanzausschuss vorgeschlagen, aus wirtschaftlichen Gründen die Einbecker Hospitalstiftungen aufzuheben. Denn diese bedeuten für die Stadtverwaltung nach eigener Darstellung einen erheblichen Arbeitsaufwand: Jährlich muss ein eigener Haushalt für sie aufgestellt werden. Bei Grundstücksgeschäften sowie der wirtschaftlichen Betätigung muss stets auf die exakte Abgrenzung zur Stadt Einbeck geachtet werden. Dabei sei es in den vergangenen Jahrzehnten auch vereinzelt zu „handwerklichen Fehlern“ bei Grundstücksgeschäften der EHS gekommen, weil notwendige doppelte Beschlussfassungen (einmal für EHS, einmal für Stadt) nicht korrekt vorgenommen worden seien. Wirtschaftliche Schäden seien dadurch im Ergebnis weder EHS noch Stadt entstanden, die internen Bearbeitungsabläufe seien inzwischen längst entsprechend geschärft, berichtete Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek.

Außerdem ist die Stadt Einbeck rechtlich gezwungen, der EHS den Aufwand für die Verwaltung der Stiftung in Rechnung zu stellen. Diese jährlich anfallenden rund 20.000 Euro können nicht für den Stiftungszweck der Hospitalstiftungen zur Verfügung stehen, beispielsweise den Unterhalt der Immobilien. Dies sei besonders bedauerlich, findet Dr. Schröder, da in der seit Jahren andauernden Niedrigzinslage für Stiftungen, die nur ihre Zinsen für den Stiftungszweck nutzen dürfen, das Stammvermögen aber unangetastet lassen müssen, ohnehin nur sehr wenige liquide Mittel zur Verfügung stehen.

Letztlich bleiben Landkreis (Stiftungsaufsicht) und Stadt in mehreren rechtlichen Fragen unterschiedlicher Auffassung. Dabei geht es um die Frage, ob es sich bei den EHS um eine (wie die Stadt meint) oder (wie die Stiftungsaufsicht für möglich hält) mehrere Stiftungen handelt und ob diese privatrechtlicher (wie die Stiftungsaufsicht für möglich hält) oder öffentlich-rechtlicher Natur (wie die Stadt meint) ist bzw. sind, erläuterte der Rathaus-Jurist Dr. Florian Schröder.

Seniorenwohnanlage St. Spiritus an der Geiststraße in Einbeck, die neben dem ehemaligen Waisenhaus an der Baustraße wohl prominenteste Immobilie der Hospitalstiftungen.

Nachtrag 17.02.2021: Wie erwartet war sich der Finanzausschuss einig, die Einbecker Hospitalstiftungen nicht aufzuheben. Enttäuscht und verärgert gab Rolf Hojnatzki (SPD) zu Protokoll, seine Fraktion sei ja überrascht, dass das Thema überhaupt erneut zur Sprache komme, es habe doch wohl bereits ausreichend Äußerungen für den Erhalt gegeben, so dass eine potenzielle Auflösung nicht noch einmal auf die Tagesordnung gehört hätte, meinte Hojnatzki. Die EHS stehen auf gesunden Beinen und seien in der Bevölkerung beliebt, sagte Albert Eggers (CDU). Für die GfE/Bürgerliste machte Udo Mattern den Vorschlag, bei der Stiftung nicht nur zu schauen, wie man Kosten senken könne, sondern auch wie Erträge gesteigert werden könnten. „Wie kann man den Einbecker Hospitalstiftungen helfen“ müsse vielmehr die Frage sein, seien beispielsweise Zustiftungen oder Spenden möglich? Er beantragte außerdem, für einen Überblick eine detaillierte Aufstellung der Liegenschaften der EHS und für jede einzelne Immobilie der EHS eine Aufschlüsselung nach Anschaffung/Stiftung, Lage mit Flurstück, laufende Mieteinnahmen sowie Buchwert/Verkehrswert.