
Lag’s am näher rückenden Termin der Entscheidung? Lag’s an der diskussionsfreudigeren Zuhörerschaft? Die zweite, wieder knapp zweistündige Vorstellungsrunde der drei sich um die SPD-Bürgermeisterkandidatur Bewerbenden am Donnerstag Abend in Iber im gut besuchten Saal des Gasthauses Arndt bot Beobachtern mehr als in Billerbeck eine Woche zuvor. Mehr über die Bewerber. Mehr und andere Themen. Mehr Debatte. Mehr Unterschiede zwischen den drei Bewerbern. Die Spannung für die entscheidende Runde am 19. März steigt.
Der formale Ablauf war vergleichbar: Wieder durfte jeder Bewerber fünf Minuten über seine Person erzählen, nach einer ersten Fragerunde folgten je weitere fünf Minuten über die Themen und dann wieder die zweite Fragerunde. SPD-Ortsvereinsvorsitzender Marcus Seidel hatte zu Beginn erneut das Kandidatenauswahlverfahren skizziert, zur Transparenz die Medienvertreter begrüßt, SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki wieder am Beispiel des Stadtradio-Interviews die Frontalattacke auf die Bürgermeisterin geritten – aktualisiert nur um Bemerkungen zum Bund der Steuerzahler, der sich in den Regress-Streit um die 380-kV-Klage eingemischt hatte. Da werde „ein Mysterium aufgebaut, die Beigeordneten hätten sich selbst entlastet“. Die Klage sei notwendig und rechtmäßig und im Interesse der Bürger gewesen, unbeanstandet auch von der Bürgermeisterin, die damit in Mithaftung sei. Und im Verwaltungsausschuss hätten sich eben nicht die selben Ratsherren des VA entlastet, wie der Steuerzahlerbund unterstelle.
Dann konnten diejenigen, die den Vergleich aus persönlicher Anschauung anstellen können, Unterschiede zwischen den drei Bewerbern bemerken, die für die SPD in die Bürgermeisterwahl am 13. September ziehen wollen.
Nur ein paar Beispiele und Anmerkungen:
Ulrike Schwartau präsentierte sich deutlich persönlicher, beschrieb ihren Lebensweg von Einbeck nach Göttingen und wieder zurück in ihre Heimatstadt emphatischer, mit mehr Details und Motiven. Jetzt wissen wir, dass sie nicht ewig „die Tochter vom Lehrer“ sein wollte und deshalb nach Göttingen ging, dass sie Leistungssportlerin und Turniertänzerin war und ihren langen Atem schon in zwei OB-Wahlkämpfen in Göttingen auch politisch eingebracht hat. Und sie verriet auf Nachfrage zur Leerstelle im Lebenslauf, dass sie ledig ist und keine Kinder hat. Trennschärfer ebenfalls ihr Bekenntnis zur Sozialdemokratie: Sie möchte den Schwächeren eine Chance geben, ihnen helfen. „Zuerst bin ich Christin, als Zweites bin ich Gewerkschafterin und als Drittes SPD.“ Wer Nächstenliebe befürworte, könne nur in dieser Partei sein. Ihr Motto sei, nah an die Leute heran zu gehen, ihnen zuzuhören und dann deren Probleme durch aktive Taten zu lösen.
Dirk Heitmüller wirkte ebenfalls lockerer als bei Runde 1, vom Rednerpult mochte er sich im Gegensatz zu seinen zwei Mitbewerbern allerdings nicht lösen und war so ehrlich, das dortige Gefühl von Sicherheit nicht zu verschweigen. Er hielt sich oft auch enger an seine thematischen Stichworte – und begründete, warum er noch nicht so viel zum Programm aufgeschrieben habe. Zum einen solle man nicht alles jetzt schon verpulvern, „wir würden es ihr zu einfach machen“, sagte Heitmüller in Richtung Bürgermeisterin, die sich sonst zu früh auf Themen der Gegner einstellen könne. Zum anderen werde das Programm natürlich in Zusammenarbeit mit der Partei aufgestellt. Beim mehrfach thematisierten Verhältnis Kernstadt/Ortschaften monierte er, dass die Amtsinhaberin es in den vergangenen Jahren bis heute trotz mehrfacher Einladung nicht geschafft habe, eine Ortsratssitzung in Salzderhelden zu besuchen – wie auch nicht in anderen Orten. Da könne man sich schon abgehängt fühlen. Heitmüller will bei allem Verständnis für die Belange der Kernstadt, denen er ebenfalls Rechnung tragen möchte, das Ohr deutlich öfter an der Bevölkerung in den 46 Ortschaften haben.
Alexander Kloss zeichnete seine Person ebenfalls mit weiteren Details – vom erfahrenen Gästeführer über den Münzsammler bis zum Naturliebhaber mit eigener Hütte am See im Solling. Kloss gab sich deutlich kantiger, sagte bei aller „Moderation statt Konfrontation“ auch Sätze, die den Willen zum Wechsel an der Rathausspitze eindeutiger auf den Punkt brachten. Auf Nachfrage, was denn seine Formulierung bedeute, er begleite die Arbeit der Partei und Fraktion „kritisch von der Seitenlinie“, wo er als Ratsherr doch eigentlich Mitspieler sei, machte Kloss deutlich, dass es bei allem Bekenntnis zur Sozialdemokatie auch in der SPD erlaubt sein müsse, kritische Fragen zu stellen. Das werde er sich bewahren. Die SPD müsse sich moderner aufstellen, sich anderen Themen als der „reinen Lehre“ öffnen. Unverändert empfinde er außerdem das Abserviert-worden-sein als Vize-Bürgermeister nach der jüngsten Kommunalwahl als menschlich nicht fair abgelaufen.
Einen Überraschungsmoment gab es kurz, als sich SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki zur Frage von Dorferneuerungsprogrammen meldete, länglich antwortete und auch prompt die Bemerkung erntete: Bist Du der Kandidat? Nein, nein, wiegelte er ab.
