
Die Schulpolitik ist ein Themenbereich der Kommunalpolitik, in dem Politiker imgrunde nur verlieren können. Beliebt wird man dort jedenfalls sehr selten. Wenn die Ratsmitglieder Schulen schließen müssen, wenn sie es Eltern, Lehrern und Schulleitungen nicht recht machen können, weil die Stadtkasse nicht unendlich viel Geld hat. Das ist freilich keine neue Erkenntnis, umso lobenswerter, dass die ehrenamtlichen Lokalpolitiker immer wieder viele Stunden dauernde Sitzungen, Vorbesprechungen, Elternabende und Ortstermine absolvieren und sich kümmern. Heute stand der Schulausschuss des Einbecker Stadtrates einmal mehr in der Kritik. Doch der mit Transparenten deutlich gemachte Unmut löste sich schnell auf, weil sich eine Lösung abzeichnet, die jedenfalls die übergroße Mehrheit zufrieden stellen dürfte.
Die Grundschule Kreiensen soll ihren Platzbedarf durch einen Anbau langfristig decken können, der in Leichtbauweise errichtet werden soll. Dafür hat sich einstimmig der Schulausschuss ausgesprochen. Nach den Sommerferien will das Gremium – sobald die Kosten für eine Stahlrahmenbau-Lösung und für einen Fahrstuhl vorliegen – endgültig diejenige Variante auswählen, die realisiert werden soll. Einen 1,1 Millionen Euro teuren massiven Anbau und eine 570.000 Euro kostende Containerlösung hat der Ausschuss heute verworfen. Der Umzug einiger Klassen in das Schulzentrum Greene ist ebenso vom Tisch. Gegen diese Pläne hatten zuletzt die Eltern massiv protestiert. Auch die Landesschulbehörde hat sich vor wenigen Tagen dagegen ausgesprochen.
Margrit Cludius-Brandt (SPD) äußerte sich erschüttert, wie mit einem in der vergangenen Sitzung von ihrer Fraktion ins Spiel gebrachten (und letztlich einstimmig beschlossenen) Prüfauftrag, einen Umzug ins Schulzentrum Greene zu überlegen, umgegangen worden sei. Die SPD und Schulausschuss-Mitglied Marcus Seidel seien persönlich deswegen angegriffen worden, das sei schlimm und nicht fair. Politik müsse prüfen lassen dürfen. Da sprang ihr sogar – was selten vorkommt – CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht bei: „Die Politik hat das Recht und die Pflicht, prüfen zu lassen.“ Cludius-Brandt bat darum, die gegen den Umzug ins Schulzentrum gesammelten mehr als 900 Unterschriften aufzuheben. Sie hoffe nicht, dass die gleichen Eltern, die jetzt gegen den Grundschulumzug seien, dann etwas anderes wollten, wenn einmal über den Erhalt des Schulzentrums gesprochen werden müsse. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek hatte zuvor vom jüngsten Treffen mit dem Landkreis Northeim in der Angelegenheit berichtet, bei dem Erster Kreisrat Dr. Hartmut Heuer zu verstehen gegeben habe, dass es den Erhalt des Schulzentrums erleichtere, wenn es mehr genutzt werde, beispielsweise durch Teile der Grundschule.
Elternvertreterin Petra Bohnsack entgegnete, diese Variante wäre jetzt nicht vom Tisch, wenn die Eltern nicht aktiv geworden wären. „Wir haben es uns nicht leicht gemacht, an die Öffentlichkeit zu gehen„, sagte sie. Aber wenn das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen sei, könne man es selten wieder zurück holen.
Mehrere Ratspolitiker äußerten die Hoffnung, eine zukunftssichere Lösung erreichen zu können, die den Schulstandort Kreiensen langfristig sichert. Die Hoffnung, sie stirbt bekanntlich als Letztes. Allein die Schüler-Anmeldezahlen bringen für Schulpolitiker, trotz aller Prognose und Projektionen, ja jedes Jahr aufs Neue manche Überraschung.
Als kurzfristige Übergangslösung für die Raumnot soll eine Schulklasse in Kreiensen im jetzigen Förderraum untergebracht werden; die dort bisher angebotenen Förderstunden sollen im wenige Meter entfernten ehemaligen Rathaus Kreiensen durchgeführt werden. Die Sprachlernklasse wird nach den Plänen im jetzigen Werkraum unterrichtet, die Werkbänke dafür an die Seite geschoben. Ab der 5. Stunde wird dieser Raum für die Betreuung weiterhin mit genutzt. „Ich weiß nicht, ob diese Lösung funktionieren wird, aber wir wollen es versuchen“, sagte Schulleiterin Bettina Ackermann.
Mich fasziniert die Schulpolitik. Unter anderem, weil ich immer wieder Neues lerne. Da liest man als neugierer Journalist in umfangreichen Papieren beispielsweise von Nachhallzeiten, die wichtig seien, und von Müttern, die sich beruflich für den Schulstart ihres Kindes zunächst beruflich entlasten können. Wieder mal fürs Leben gelernt. Und nicht für die Schule.
