Umbau des Alten Rathauses bleibt politischer Zankapfel

(c) Foto: Frank Bertram

Die aktuell laufenden Umbauarbeiten im Alten Rathaus bleiben Thema für heftigste Kontroversen im Einbecker Stadtrat – in einer Wortwahl, die diesem Gremium nicht gut tut. Desaster, Irrsinn, Scherbenhaufen, Verantwortungslosigkeit, verbale Angriffe, Attacken, Muppet-Show – das sind nur einige Stichworte aus einer politischen Auseinandersetzung, die längst jede Sachlichkeit verlassen zu haben scheint. „Diese Tonalität möchte ich zurückweisen“, stellte sich am Ende Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek vor ihre Verwaltung. Da geriet fast zu Nebensache, um was es bei dem auf der Tagesordnung stehenden, mit großer Mehrheit (bei zwei Gegenstimmen FDP/Kloss und drei Enthaltungen) gefassten Beschluss ging: Die bisher mit rund einer Million Euro kalkulierte barrierefreie Erschließung des Gebäudes durch einen Fahrstuhl sowie eine für jeden erreichbare Toilettenanlage im Alten Rathaus wird voraussichtlich rund 150.000 Euro teurer.   

Wer heute baue, der wisse um die Kostensteigerungen, die in dieser Höhe ganz normal seien, sagte Marcus Seidel (SPD). Diese Steigerungen könne jeder im Verbraucherpreisindex oder bei der Inflation nachschauen, und wisse auch jeder, der schon mal selbst Handwerker beschäftigt habe. Der Stadtrat müsse sich den Fakten und der Realität stellen, sagte Seidel. Inhaltlich habe die Kritik der FDP/Kloss-Gruppe wenig zu bieten, das sehe man regelmäßig bei den Haushaltsdebatten. Da komme nichts Konkretes, keine Gegenvorschläge. Da würden immer nur die schauerlichsten Adjektive zusammengezählt, „je katastrophaler, je schöner“. Seidel: „Die einzigen, die hier immer meinen, den sterbenden Kaiser geben zu müssen, seid ihr, weil das eure einzige Daseinsberechtigung ist.“

Alexander Kloss (parteilos) hatte in Namen der FDP/Kloss-Ratsgruppe „Liberal und klar“ zuvor (nicht zum ersten Mal) beim Projekt Altes Rathaus von einem „finanziellen Desaster mit Ansage“ gesprochen. „Gegen den Willen der Bevölkerung im Widerspruch angebrachter kaufmännischer Vorsicht und unter Missachtung guter und vor allem preiswerterer Alternativen musste der Fahrstuhl am Alten Rathaus durch die politischen Gremien gepeitscht werden“, sagte Kloss. Seine Gruppe habe früh vor unkalkulierbaren Mehrkosten bei diesem „Irrsinn“ gewarnt und sinnvolle Alternativen bei WC-Anlage und Fahrstuhl-Erschließung genannt. „Was wir dabei erlebten, war ein konsequentes gemeinsames Mauern von Politik und Verwaltungsspitze“, sagte Kloss. Die Argumente seien gar nicht durchgedrungen. „Die Augen-zu-und-durch-Strategie ging auch bei diesem Projekt kräftig daneben“, erklärte Kloss. „Nach dem Fiasko am Neustädter Kirchplatz, das vermutlich noch lange nicht ausgestanden ist, stehen wir alle nun vor dem nächsten teuren Scherbenhaufen, den uns die ‚Große Gruppe‘ innerhalb kürzester Zeit beschert.“ Es sei „bizarr“, wenn die SPD beispielsweise die Ortsratsmittel ab 2024 um 15 Prozent erhöhen wolle, es aber rückläufige Steuereinnahmen gebe. „Was in dieser Stadt seit der letzten Kommunalwahl mit dem Geld der Steuerzahler geschieht, spottet eindeutig jeder Beschreibung“, meint Kloss. Von seiner Gruppe gebe es auch künftig ein klares Nein „zu dem Irrsinn am Alten Rathaus wie auch zu anderen unvernünftigen und verantwortungslosen Projekten“.

Gegen diese verbalen Angriffe verwahrte sich die Bürgermeisterin. Wer ihrer Verwaltung Irrsinn und Verantwortungslosigkeit vorwerfe, wer von Nebelkerzen oder gemeinsamem Mauern spreche, wie das Alexander Kloss getan habe, diesen Ton weise sie zurück. Man könne inhaltlich bei Bauprojekten anderer Meinung sein, aber ihre Verwaltung gehe verantwortungsbewusst mit Steuergeldern um.

CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht wehrte sich gegen die von Alexander Kloss genannten Begriffe, die er als deplatziert und unverschämt bezeichnete, „und sie sind einfach auch nicht richtig“. Im Rat zu behaupten, er, Kloss, sei der einzige, der den Überblick haben könne und der mit dem Geld der Bürger umzugehen weiß, „und alle anderen Ratsmitglieder sind offenbar blind und dämlich gewesen, das muss man sich mal ganz in Ruhe überlegen“, sagte Ebrecht. „Sich als einziger weiser Mann des Rates hinzustellen, ist einfach eine Frechheit.“ Kloss habe, damals noch in der SPD-Fraktion, immer für eine Sanierung des Alten Rathauses geworben, die auch immer Konsens gewesen sei. Kloss betreibe Geschichtsklitterung solle sich ganz genau überlegen, wie es mit der Wahrheit aussehe. Der Umbau des Alten Rathauses sei ein gut überlegtes Millionenprojekt, bei dem die „gute Stube“ Rathaus baulich mal wieder auf Stand gebracht und an gesetzliche Regelungen wie Barrierefreiheit angepasst werden müsse. Die zu beschließenden Mehrkosten seien schlicht und ergreifend die Kostensteigerungen seit 2021. Da sei kein Desaster passiert, „da ist alles auf Kurs“, sagte Ebrecht. Er verwahre sich auch im Namen der gesamten CDU/SPD-Gruppe gegen die alarmistischen Formulierungen Kloss‘.

Hilmar Kahle (FDP) und Einzelratsherr Helmar Breuker (CDU) verwahrten sich ihrerseits gegen die Angriffe von Ebrecht. Kahle: „Schämen Sie sich.“ Nächstes Mal verlasse er den Saal oder gehe mit Ebrecht „die Treppe hoch“. Kloss spreche auch für ihn und die FDP, das habe man vorher abgesprochen, erklärte Kahle. Breuker, der vor einem halben Jahr aus der CDU-Fraktion geworfen worden war, wandte sich an den CDU-Fraktionschef: „So etwas gehört sich nicht.“ Das habe er intern schon Jahre lang gemacht, jetzt sogar auf offener Bühne. Auf einer solchen persönlichen Ebene sollte man sich nicht auseinandersetzen. „Ich wünsche mir, dass wir diese Attacken unterlassen“, sagte Breuker.

Antje Sölter (CDU) begründete ihre Enthaltung bei der Abstimmung. Sie gehe inhaltlich mit der Ratsmehrheit voll mit, ihr stoße nur auf, dass zur Gegenfinanzierung der Mehrkosten das Geld aus dem Hochwasserschutz genommen werde, der 2023 noch immer nicht umgesetzt sei.

Wie Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek zum Sachstand Alten Rathaus mitteilte, sind die Rohbauarbeiten im Bereich der künftigen Toilettenanlage auf der Ostseite der Rathaushalle abgeschlossen. Die Ausbaugewerke (Trockenbau, Sanitärinstallation, Fliesenarbeiten) werden momentan ausgeführt. Die Vergabe der Aufzugsanlage und Tischlerarbeiten sei erfolgt. Die Ausschreibungen des Gewerkes Rohbauarbeiten II ebenso und stehe vor der Vergabe. Der neue Abwasseranschluss sei hergestellt.

3 Kommentare zu „Umbau des Alten Rathauses bleibt politischer Zankapfel

  1. Ich gebe der BM recht mit Ihren Worten zu der „Auseinsndersetzung“ ,die etwas aus dem Ruder gelaufen zu sein scheint. So etwas gehört sich nicht.Aber wer zettelt denn immer dieses Szenario an?Wer haut denn immer drauf.,sodas man hinterher zur Ression gebracht werden muss.Wer wird denn gleich ausfallend und unverschämt Findet den Fehler.Herr Kahle hat Recht
    Schämen Sie sich

  2. Umbau des Alten Rathauses
    Nachstehend die Fragen, die ich am Mittwoch an die Bürgermeisterin gerichtet habe:
    Ich bin schwerbehindert (G) und habe insbesondere deshalb folgende Fragen im Zusammenhang mit dem Umbau des Alten Rathauses an Sie:
    Nach der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO, Ausgabe 2014) sind besondere
    PKW-Stellplätze für Menschen mit Behinderung bedarfsgerecht zuzuordnen und zu
    reservieren.
    Fragen:
    1.) Wie viele dieser PKW-Stellplätze für Behinderte direkt am Zugang zum Fahrstuhl am Alten Rathaus sind vorgesehen?
    Sollen diese Plätze auf dem Marktplatz oder auf dem Hallenplan eingerichtet
    werden?
    Wie soll das notwendige Leitsystem aussehen?
    2.) Wie viele PKW-Stellplätze sind für..Beeinträchtigte“ direkt am Zugang zum
    Fahrstuhl am Alten Rathaus wie z. B. für Personen mit Kinderwagen, vorgesehen?
    Sollen diese Plätze auf dem Marktplatz oder auf dem Hallenplan eingerichtet
    werden?
    Wie soll das notwendige Leitsystem aussehen?
    3.) Das Trauzimmer ist nur über eine Treppe (geschätzte Höhe 48 cm) erreichbar.
    Frage: Wie soll die Barrierefreiheit hergestellt werden und zwar so, dass der Be
    hinderte selbständig das Hindernis überwinden kann?
    a) durch einen Personenaufzug? Welches Modell?
    b) durch eine Rampe?
    Anmerkung zur Rampe:
    Bei einer zu überwindenden Höhe von z. B. 48 cm und einem Gefälle von
    höchstens 6 % beträgt die Rampenlänge 800 cm. Hinzu kommt ein notwendiges (vorgeschriebenes) zusätzliches Zwischenpodest von mindestens 150 cm Länge. Ausreichend große waagerechte Podeste von mindestens 150 x 150 cm sind außerdem am Anfang und Ende der Rampe anzuordnen.
    Die Rampe wäre dann insgesamt 13,5 Meter lang!
    Ich bin gespannt, welche Lösung hier vorgesehen ist.
    4.) Die WC-Anlage
    Das Alte Rathaus muss mit einer ausreichenden Anzahl barrierefreier WC-Anlagen ausgestattet sein, das heißt mindestens ein barrierefreies WC je Sanitäranlage geschlechtsspezifisch integriert.
    Wenn ich die NBauO richtig verstehe, müssen demnach auch die anderen Sanitäranlagen im Alten Rathaus (Keller und 1. OG) jeweils ein barrierefreies WC
    vorweisen.
    Wie sieht die geplante Lösung aus?
    l

  3. Sorry Herr Funcke jetzt wird es bizarr. Nicht noch mehr unsinnige Dinge hinterfragen. Parkplätze müssen nicht noch zusätzlich sein, am Hallenplan gibt es 2. Weiterhin ist das Rathaus mit dem Rolltuhl zu erreichen. Das Trauzimmer konnte schon immer erreicht werden, ohne Rampe. Außerdem git es noch ein Standesamt am PS Speicher, gut zugänglich. WC Anlagen sind wohl vorgesehen, sonst Aufzug sinnlos, wird wohl kommen. Geschlechterspezifisch WC muß hier garnichsts sein. Einmal für Rollstuhl und für die Anderen normale WCs.

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